IntermediaTe
Der Titel des Videos beinhaltet sowohl das englische Wort „intermediate“, was auf den Schauplatz der Geschichte -eine Zwischenwelt- hinweist, als auch den latheinischen Aufruf „inter media te!“ Stell Dich in die Mitte! Die Positionierung der Protagonistin, hier aufgespalten in reale Präsenz und Alterego, ist von Verschobenheit geprägt. Die Geschichte erzählt den Weg zurück zur Mitte, zurück zur Verbundenheit zweier Teile.
Ein nächtlich verschleierter Raum und ein organisch anmutenden Etwas. Flatline- Geräusch. Kameraschwenk. Der Betrachter sieht eine Frau eintreten. Stille. Am Boden liegt eine Puppe, das Alterego der Protagonistin, dem sie sich sorgend zuwendet. Sie nimmt die Hand der Puppe und legt den Kopf auf den Brustkorb. Sie bewegt die Hände im Takt des Herzens. Als Echo erklingen Herztöne, erst ganz leise, dann lauter. (Teile der unten angehängten Geschichte „Videokünstlerin, ich bin Videokünstlerin“ sind gesprochen zu hören). In liebevoller Zuwendung hebt die Protagonistin ihr Altergeo auf und dreht sich mit ihm im Kreis. Die Kamera verlässt den Ort des Geschehens und blickt auf die beiden drehenden Gestalten durch die Schleier, die um den Schauplatz gehängt sind. Der Aufbau und die Technik werden sichtbar. Flatline- Sounds sind hörbar, mit Herztönen im Wechsel. Die Herztöne bleiben bis zuletzt, die Flatline- Sounds werden leiser und verschwinden, während die Kamera wieder in der Mitte ankommt und das Paar beim Abgang durch die Schleier filmt. Zuletzt zu sehn ist das organisch anmutende Etwas, das von der Decke hängt.
Das Video wurde anlässlich der Atelierausstellung 2023 im ATELIER ORBIT24 am Drehort installiert und im loop gezeigt. Teile des Texts „Videokünstlerin, ich bin Videokünstlerin“ waren lesbar an das Video angehängt, so dass für den Betrachter ein direkter Zusammenhang zwischen Video und Geschichte sichtbar war.
IntermediaTe, Videopermance, 8`01min, (2022)
Performance und Konzept: Eva Weingärtner
Kamera: Lena Mittelbach
The title has a double meaning: The English „intermediate“ sets the action in a kind of in-between-world, the Latn imperativ „inter media te!“ orders the protagonist to place herself into the center. The positioning of the protagonist, here split into her real person and an Alter Ego, has been shifted sideways. The story tell about the way back to the center, back to the reunion of two parts.
A room veiled at night and something that seems organic. Flatline noise. Camera pans. The viewer sees a woman enter. Silence. A doll lies on the floor, the protagonist`s alter ego, to which she turns with concern. She takes the dolls hand and lays her head on the chest. She moves the hand in time with heartbeat. Heartsounds echo, first very quietly, then louder. With loving attention the protagonist picks up her alter ego and spins around with her. The camera leaves the scene and looks at two spinning figures through the viels that are hung around the scene. The structure and technology become visible. Flatline sounds are audible, alternating with heart sounds. The heartsounds remain until the end, the flatline sounds become quieter and disappear as the camera returns to the middle and films the couple as they leave through the veils. The last thing you see is the organic looking something hanging from the ceiling.
The video was installed at the filming location on the occasion oft the 2023 studio exhibition of ATELIER ORBIT24. Parts of the text „Videokünstlerin, ich bin Videokünstlerin“ were legibly attached to the video, so that the viewer could see a direct connection between the video and the story.
IntermediaTe, videopermance, 8`01min, (2022)
performance and concept: Eva Weingärtner
camera: Lena Mittelbach
(…)„Was für eine Künstlerin sind Sie?“ fragt mich die OP Schwester. Wenn sie mich das fragt, heisst das wohl, ich lebe noch und es heisst wohl auch, die Gefahr ist gebannt, sonst würde sie sowas alltägliches nicht fragen.
Ich überlege. Die Überlegung quillt nach vorne wie zähe Masse, die durch eine fast feste andere Masse hindurch muss und was es dann nach vorne durch geschafft hat war:„Videokünstlerin… ich bin Videokünstlerin“. Es prägt mich von da an. Denn weder weiß ich zu dem Zeitpunkt, ob es Sinn ergibt, sich so zu nennen, noch, ob ich mich so bezeichnen würde, aber nachdem mir hier ein zweites Leben geschenkt wurde, scheint es irgendwie passend sich neu zu definieren. Video bedeutet ja nichts weiter als „ich sehe“ und ich sehe eine weiss Lampe über mir. Ich sehe einen kahlen Raum und eine Pritsche aus Metall auf die ich umständlich umgelagert werde. Ich glaube, ich bin wieder in dieser Schleuse. Drinnen die OP, draussen die Keime, dazwischen bewahren sie mich auf. Niemand hat sowas gesagt wie: „Sie haben noch alles und Sie müssen jetzt keine Angst mehr haben“. Schön wäre das gewesen. Aber ich bin noch zu gedröhnt von dem Betäubungsmittel, so dass mich das irgendwie nicht stört – noch nicht. Vor meinem inneren Auge sehe ich ein blutiges Steak und ich habe wahnsinnigen Appetit darauf. Ich sehe nach einiger Zeit eine Frau bei mir sitzen. Ist das auch mein inneres Sehen? Nein, sie scheint real und sie sagt, ich darf noch kein Steak essen. Dann sagt sie: „Wir konnten die Blutung stoppen.“ Und ich frage sie, ob ich noch alles habe und sie sagt, ja. Tage später treffe ich sie auf dem Gang und sie berührt mich wie eine alte Bekannte, sie ist voller Mitgefühl und der einzige Mensch, der zu verstehen scheint, dass ein Teil von mir in einer Zwischenwelt gelandet ist und nicht mehr rausfindet. Sie sagt, ich soll dankbar sein für mein Leben und ich sage, ich bin es, aber der Teil in der Zwischenwelt ist es nicht, der ist dort gefangen und findet nicht heraus. Heute, Jahre später, kann ich noch immer nicht glauben, dass die Frau real war. Mein Gedächtnis hat sie in jedem Fall auf der mystischen Seite abgestellt. Ein Engel. Es gibt sogar einen Teil von mir, der sie als Teil von mir selbst verortet, der Teil, der mich versteht und weiss was zu tun ist, um den anderen Teil herauszuführen aus der Schleuse.(…)
Aus Eva Weingärtner„Videokünstlerin, ich bin Videokünstlerin“; erstmals veröffentlicht als Performative Lesung 2022, 4×4 Festival Bewegter Kunst, Ausstellungshalle 1A, Frankfurt am Main