Traumfabrik
über Traumfabrik
„(…) Spiegelungen in Fotos sind zunächst Reflexionen von Licht. Eva Weingärtner bezeichnet sie als „Lichtmomente“.
Es gibt eine Fotografie in der Ausstellung, die die Künstlerin als Aufhänger verwendet, um mir ihren künstlerischen Ansatz zu erläutern. Es ist eine Art Schlüsselfoto für mich geworden.
Nach diesem Foto hat sie eine ganze Reihe benannt: die „Traumfabrik“-Serie und zu erkennen ist diese Serie an einem seltsamen Grünschleier, der wie eine Superimposition die Stimmung der Bilder dominiert. Doch Eva Weingärtner arbeitet nicht retuschierend mit Photoshop, legt keine Ebenen im Computer übereinander: Die Fotos der Traumfabrik-Serie sind so aufgenommen, wie wir sie hier sehen.
Auf dem besagten Foto ist ein Filmplakat zu erkennen, das sich in der linken Bildhälfte befindet. Das sich küssende Paar darauf ist kaum auszumachen, denn diese Zone im Foto ist verspiegelt. Darunter ist jedoch der Titel des Filmes zu lesen, spiegelverkehrt und in kapitalen Lettern steht da: „TRAUMFABRIK“. In der Bildmitte befindet sich die Autorin mit Kamera, die auf uns Betrachter*innen gerichtet ist – das Foto ist also eine Art Selfie vor einer spiegelnden Oberfläche.
Vor ihr steht eine junge Frau. Wir sehen sie im Profil, blicken auf ihre rechte Schulter, ihre Augen sind verschlossen. Ein ruhiges Bild, der grüne Schleier mit zarten Blubberbläschen, der wie eine Überblendung über ihr liegt, lässt an einen Tagtraum denken. Die rechte Bildhälfte erlaubt den Blick auf ein Aquarium mit Fischen und man kann sich nicht sicher sein, wie dieses Bildelement ins Foto gekommen ist.
Den fragenden Blick in meinem Gesicht beantwortet Weingärtner mit den Worten, „Im Kino in Bensheim gibt es ein Aquarium.“ Dann fügt sie noch hinzu: „Und da gibt es auch einen Hai.“ Sie grinst dabei – fast so als ob sie es genießen würde, dass sich mein kurzes Aha-Erlebnis wieder verflüchtigt, durch diese fast surreal anmutende Information.
Zu sehen ist dieses Tier auf einem anderen Foto aus der „Traumfabrik“-Serie. (Übrigens muss man die zusammengehörenden Fotos dieser Serie in der ganzen Ausstellung suchen, denn sie hängen nicht zusammen, sondern sind auf verschiedene Wände verteilt. Dadurch vermischen sich die Fotos aus der Traumfabrik-Serie mit anderen Serien und tauchen immer wieder auf, wie die Fische in diesem deplatzierten Aquarium des Bensheimer Kinos. Sie sind für einen Moment im Sichtfeld – und verschwinden dann wieder.)
Das ist auch so mit dem Hai. Er taucht bedrohlich in der linken Bildhälfte des Fotos auf, schwimmt just in dem Moment vorbei, als der Auslöser gedrückt wird, um sodann wieder im Grün-Schwarz des Aquariums zu verschwinden.
Auf dem Glas des Aquariums spiegelt sich wieder die Autorin der Fotografie. Das Bild ist also auch ein Selfie und auf der rechten Bildhälfte sehen wir wieder diese scheinbar öfters wiederkehrende junge Frau, diesmal in der Rückenansicht. Die rechte Seite ihres Kopfes ist überbelichtet. Noch so ein „Bildfehler“. (…)“
Florian Härle, anlässlich der Ausstellung SchalTraum; 2019.
about Traumfabrik
„(…) Reflections in photos are initially reflections of light. Eva Weingärtner describes them as “moments of light”.
There is a photograph in the exhibition that the artist uses as a hook to explain her artistic approach to me. It has become a kind of key photo for me.
She named a whole series after this photo: the “Traumfabrik” series and this series can be recognized by a strange green veil that dominates the mood of the pictures like a superimposition. But Eva Weingärtner doesn’t use Photoshop to retouch and doesn’t put layers on top of each other on the computer: the photos in the Dream Factory series are taken the way we see them here.
In the photo in question you can see a film poster, which is located in the left half of the picture. The kissing couple in it can hardly be seen because this area in the photo is mirrored. However, underneath you can read the title of the film, mirrored and written in large letters: “TRAUMFABRIK”. In the middle of the picture is the author with a camera that is aimed at us as viewers – the photo is also a kind of selfie in front of a reflective surface.
A young woman stands in front of her. We see her in profile, looking at her right shoulder, her eyes closed. A calm image, the green veil with delicate bubbling bubbles that lies over her like a fade, is reminiscent of a daydream. The right half of the picture offers a view of an aquarium with fish and one cannot be sure how this image element came into the photo.
Weingärtner answers the questioning look on my face with the words, “There is an aquarium in the cinema in Bensheim.” Then she adds: “And there is also a shark.” She grins – almost as if she is enjoying it would that my brief aha experience would evaporate again due to this almost surreal information.
This animal can be seen in another photo from the “Dream Factory” series. (By the way, you have to look for the related photos in this series throughout the exhibition, because they are not connected, but are spread across different walls. As a result, the photos from the Dream Factory series mix with other series and appear again and again, like fish in this misplaced aquarium at the Bensheim cinema they are in view for a moment – and then disappear again.)
It’s the same with the shark. He appears menacingly in the left half of the photo, swims past just as the shutter button is pressed, and then disappears again into the green-black of the aquarium.
The author of the photograph is reflected on the glass of the aquarium. The picture is also a selfie and on the right half of the picture we see this young woman who appears to come back often, this time from the back. The right side of her head is overexposed. Another “image error”. (…)“
Florian Härle, on the occasion of the SchalTraum exhibition; 2019.