Planetentango
Die Fotografien aus der Serie „Planetentango“ sind analog produziert und fast unbearbeitet. Es sind Fotografien von Projektionen auf Fotodrucke und/oder reflektierenden Untergrund.
Erstmals wurden sie bei der Ausstellung „Im Hyperraum der Lichtenten“(2017) im Damenbau des Fürstenlagers Bensheim gezeigt. Sie waren Teil einer Gesamtinstallation zu der auch der folgende gleichnamige, dort erstmals veröffentlichte Text, gehört:
The photographs from the „Planetentango“ series are produced analogue and are almost unedited. They are photographs of projections onto photo prints and or reflective surfaces.
They were shown for the first time at the exhibition „Im Hyperraum der Lichtenten“ (2017) at Damenbau of Fürstenlager, Bensheim. They were part of an overall installation that also includes the following text of the same name, published there for the first time:
„Ich kehre immerwieder zu meiner Faszination für Planeten zurück. Dabei interessiert mich persönlich nicht wie weit sie weg sind, wie groß sie sind oder welche Atmosphere sie haben, mich interessiert auch ihre Position nur am Rande und eigentlich ist mir alles egal was mit Zahlen und Wissenschaft zu tun hat. Ich bin Synesthetikerin, für mich sind Zahlen Farbenregen, zuweilen aufregende Farbenregen. Mich interessiert an Planeten am meisten, dass sie vermeintlich rund sind…und wenn nicht rund, so doch schwebende Objekte im Raum, die abgrenzbar von dem drumherum in dem drumherum schweben. Ich bin ähnlich fasziniert von Eierdottern in rohen Eiern. Ich denke, dann wenn ich mich mit Planeten beschäftige, ich müsste über all diese Dinge nachdenken, wie Tod, Gott, Raum und so… aber das schöne ist, wenn ich an Planeten denke, dann denke ich eben gar nicht an all das. Ich bin einzig erfreut darüber, dass etwas nicht mit seinem Drumherum verankert ist und habe das Gefühl deshalb eben auch das Drumherum vergessen zu dürfen. Es zählt nur die Kugel, der Kern, diese eine Erbse. Und das beruhigt mich irgendwie, weil ich nicht in Gedankenschleifen von Zusammenhängen gerate. der Mond speziell interessiert mich, weil man ihn mit bloßem Auge sehen kann. Und weil er immer zur gleichen Zeit im Monat gleich aussieht und das eine Auswirkung auf meinen Organismus hat. Das ist natürlich spannend, da steht etwas zusammenhanglos im Raum und hat Einfluss auf die komplexen Zusammenhänge in mir. Das mag ich. Ich weiß das widerspricht dem was ich zuvor gesagt habe, aber irgendwie auch nicht. Das was ich da erlebe, das spiegelt sich in meinen Erfahrungen in künstlerischen Prozessen. Man tut etwas weil man es mag und dann etwas anderes unabhängig vom ersten und nach einer Weile merkt man, dass alles doch irgendwie zusammenhängt und Einfluss aufeinander hat.
Alles ist in allem und in allem zugleich.
Als ich zuvor schrieb, mich interessiert an Planeten nicht, dass man „über Gott, Tod uns Raum und so“ nachdenkt, da habe ich begonnen „über Gott, Tod und Raum und so“ nachzudenken.
Ich habe weniger Angst vor dem Tod, wenn ich mir vorstelle, ein Teil eines unfassbar großen Universums zu sein, es wird relativ wer am Ende was tut… es wird realtiv ob ich etwas tue um etwas zu beeinflussen oder ob ich es seinlasse, es wird sogar relativ ob ich bei rot über die Strasse gehe ohne zu schaun. Es wird relativ wen ich zurücklasse und wer um mich trauert. Ich stelle mir den Tod wie eine beginnende Vollnarkose vor aus der man nicht mehr aufwacht, der Moment in dem man einschäft ist vielleicht ein Vorgeschmack auf den Blick ins große Ganze: alles nicht so wichtig. Bei meiner letzten Vollnarkose habe ich zuletzt gedacht: „Die haben hier die guten Drogen… und man versteht auch irgendwie warum man die nicht so oft nehmen sollte… „: Es ist einfach zu schön, die Flucht in den Raum ohne Zusammenhang.
Im letzten Jahr hatte ich einen Hund in Pflege, ich hatte ihn so lange in Pflege, dass ich ihn am Ende nicht mehr hergeben wollte. Es war mein Hund geworden. Anfangs war er ein schmutziges übelriechendes etwas, dass ständig raus musste und am ende war er für mich ein zartes duftendes Wesen mit Bedürfnissen, die ich nicht mehr als lästig empfand. Dann musste er aber zurück zu seiner kranken Besitzerin. Und ich habe lange gebraucht, um ihn wieder als einen Hund auf der Welt zu sehn. Als wir ihn besuchten, verhielt er sich anders als bei uns und hat uns nicht erkannt. Da war mein Abschied.
Anfang diesen Jahres kam der Hund für eine kutze Zeit wieder zu uns zurück. Seine Besitzerin war wieder im Krankenhaus. Er erkannte uns und unser zuhause und freute sich. Ich freute mich auch, konnte aber die Zeit nicht zurück drehen zu dem Zeitpunkt, als er mein Hund gewesen war. Er war ein bisschen ein schmutziges schlecht riechendes… und ein bisschen mein Hund. Und ich hüpfte dazwischen gefühlsmäßig hin und her, andocken, abstoßen, mitfühlen, draufschaun… ein Grenzgang.
Es ist zum Verzweifeln, das ganze Leben ist so. Ich hasse das. Einlassen, Loslassen.
Jeder kennt das, sobald man sich verliebt hat, ist es unmöglich, dass der andere wieder der wird, der er für einen war, bevor man sich verliebt hat, man ist jetzt über dieses Gefühl verbunden, egal ob die Liebe auf Gegenliebe stößt… und es fühlt sich unendlich an… bis es endet… und dann ist es vorbei und man fragt sich, was war das?… und wenn es nicht vorbei ist… dann ist es im Tod vorbei… Wie Laurie Anderson in ihrem Film „ a heart of a dog“… sagt: „Death is the release of love…“. Na ja, sie hat in diesem Film sowieso alles gesagt, was es über Leben, Liebe und Tod zu sagen gibt… dieser Text hier ist im Grunde überflüssig, wenn ihr den Film gesehn habt, wisst ihr was ich sagen will… Oder er ist eben doch nicht überflüssig, weil er mit meinem kleinen Ich verbunden ist, weil ich es bin, die das denkt und schreibt… und weil ich denke, fühle und lebe… und mich verankere, indem ich mich äußere… und ich verankere mich immer wieder, um nicht in den Raum ohne Zusammenhang zu fliehn.
Der Hund von dem ich sprach, heißt Ede, wie der Garten Eden, nur ohne N.
Genau genommen ist der Mutterleib auch ein Ort, in dem wir existieren wie Planeten, schwebend, ohne Zusammenhang, von der Nabelschnur einmal abgesehn. Unabhängig davon in wem wir wachsen, wachsen wir in einem Raum im Universum, gefüllt mit allem was wir zum Existieren brauchen, ohne Sorgen und Angst vor dem Tod.
Wenn wir geboren werden, dann fängt dieser Kram mit der Schwerkraft an…das Angezogen sein vom Boden… das selber Laufen.
Dass auch der Boden mich trägt…lerne ich dann wieder im Yogakurs… weil eigentlich möchten ich immer mal wieder getragen werden, so über dem Boden… und die Wahrnehmung, dass auch der Boden mich trägt ist nur ein schlechter Ersatz.
Und das Angezogensein von anderem und Menschen… das fängt nach der Geburt auch an. Der ganze Magnetismus.
Ich wünsche mir oft, zu schweben wie ein Wolke… ein Teil des Wolkenhimmels sein, an einem bewegten Sommertag…
Wie viele andere Kinder stellte ich mir lange vor, Gott sitze auf einer sehr hohen Wolke und schaue auf uns alle herab. Wenn ich ehrlich bin, stelle ich mir das heute noch vor, weil alles Abstrakte ja verbietet sich etwas vorzustellen, man soll sich ja vorstellen sich etwas nicht vorzustellen, insofern gab es bisher einfach keinen adäquaten Ersatz.
Ich hab mir als Kind aber noch mehr vorgestellt, ich habe mir vorgestellt, dass Gott auf der Wolke sitzt und seine große Hand ausstreckt und in seiner Hand liegt dann die Erde, klein wie eine Erbse in einer Schale und wenn einer mal runterpurzelte, dann plumste er nur in die Hand, niemand fiel endlos von der Erde…“
©Eva Weingärtner