Ahnen/ Die Urgroßväter
Die Auseinanersetzung mit der Generation meiner Großeltern prägt mein künstlerisches Schaffen von Anbeginn.
2020 sah ich durch Zufall die Arbeit einer australischen Künstlerin, die die Bilder ihrer Ahnen-auf ihr eigenes Gesicht projezierte. Ihre Urgroßväter waren bemerkenswerte mutige Menschen gewesen, die für die Rechte und das Überleben ihrer Volksgruppe einstanden und im Leben der Künstlerin als Rolemodels dienten.
Es brachte mich dazu, über meine Ahnen nachzudenken und ich begann in Familienfotos zu recherchieren. Ich kannte meine Großeltern, doch meine Urgroßeltern waren mir bis dahin gänzlich unbekannt. Von den Urgroßvätern waren Porträtabbildungen in Pässen und Wehrmachtsausweisen zu finden, von den Urgroßmüttern nur Gesichter auf Gruppenfotos. Ich dachte über die Auswirkung der Taten dieser Urgroßväter auf mein Leben nach; als Rolemodels konnte ich sie nicht empfinden… Eher wurde mir bei der Beschäftigung die Bandbreite einer Täter/Opfer Generation bewusst, sowie die Bedeutung von Militär und Krieg in der Geschichte meiner Familie (einmal als „Durchschnittsdeutsche“ bezeichnet).
Es erschien mir als eine Art „Pflicht“ mich diesem Teil der Vergangenheit auf andere Art als zuvor zu stellen. Der Weg sie auf mein Gesicht zu projezieren, stellt meinen Versuch der Integration einer verschwiegenen Vergangenheit dar. Aber ich intendierte natürlich nicht, die Energien dieser Vergangeheit zu erneuern oder zu manifestieren, deshalb suchte ich nach einem Element sie gleichzeitig zu neutralisieren. An diesem Punkt kam die Heilerde ins Spiel, mit der ich mein Gesicht schminkte. Die Fotos entstanden während des Trocknungsprozesses. Die Suche meiner Vorfahren nach „Heil“durch kriegerische Vorgänge und Kriegverherrlichung, die als Spuren der Vergangenheit Teil meines Wesens sind, versuche ich durch meine Suche nach Heilung und Frieden zu transformieren, nicht durch erneute Abspaltung, sondern durch Integration.
Ahnen/Die Urgroßväter, Fotoperformance, (2021)
Kamera: Ivan labalestra
Performance: Eva Weingärtner
©Eva Weingärtner
The interaction with my granparents`generation has shaped my artistic work from the very beginnig. In 2020, I happend to see the work of an Australien Artist who projected the images of her ancestors onto her own face. Her ancestors were remarkable, courageous people who stood up for the right and survival of the ethnic group and served as rolemodels in the artist`s life. It got me thinking about my own ancestors and I started researching them in familiy photos. I knew my grandparents well, but my great-grandparents were completely unknown to me till then. Poträt pictures of great-grandfathers could be found in passports and Wehrmacht-ID cards, while great-grandmothers could only be found in group photos. I thought about the impact of this great-grandfather`s actions on my life; I could not see them as rolemodels… Rather, when I was working on them, I became aware of the range of a generation of perpetrators/victims, as well as the importance of military and war in the history of my family (once described as „average Germans“). It seemed to me as a kind of „duty“ to confront this part of the past in a differnt way than before. The way of projecting them onto my face represents my attempt to intgrate a hidden past. But of course I did not intend to renew or manifest the energies of the past within myself, so I looked for an emelent to neutralize them. At this point the healing clay came into play, which I used to make up my face. The photos were taken during the drying process. I try to transform my ancestors search for salvation through glorification of war, which are part of my being as traces of the past, through my search for healing and peace, not through renewed seperation, but through integration.
Ahnen/Die Urgroßväter, Fotoperformance, (2021)
camera: Ivan labalestra
performance: Eva Weingärtner
©Eva Weingärtner