Die Zikaden von Nea Styra
Die beiden Arbeiten „Zikaden von Nea Styra“ und „Brand bei Athen“ hängen inhaltlich zusammen und erzählen zwei Geschichten, zwei Aspekte einer Veränderung. In der Ausstellung „Alles in Allem“ im Atelierfrankfurt im November 2024 wurden beide erstmals gezeigt.
Nea Styra ist ein Ort in Griechenland auf der Halbinsel Euböa. Während meines Aufenthalts dort waren die Auswirkungen des Klimawandels für mich sehr präsent. Aus sicherer Entfernung in Nea Styra war ich Augenzeugin des Großbrands bei Athen. Als Gast auf einem Grundstück mit vielen Olivenbäumen, erfuhr ich, dass die Bäume in diesem und den Vorjahren keine Oliven mehr trugen. Der Grund: die ungewöhnliche Hitze durch den Klimawandel. Gleichzeitig fand ich auf den Bäumen viele Hüllen der Zikaden, die überall und immer zu hören waren. Ich habe viele davon eingesammelt und mitgenommen.
Zikaden verlassen ihren Panzerhüllen über den Rücken, dort bildet sich eine Öffnung, aus der sie entschlüpfen. Sie lassen ihren Oberkörper nach hinten fallen und ziehen erst später in einer Wellenbewegung ihre Flügel hinterher. Für mich sind sie Ritter im Zeitalter des Klimawandels, ihre Rüstungen halten bis ihre Transformation beginnt…
Die Arbeit wird begleitet von dem gleichnamigen, im Ausstellungskontext veröffentlichten, Gedicht:
„DIE ZIKADEN VON NEA STYRA
(Eva Weingärtner)
Ihr Ruf füllt die heisse Luft
ein Klang, der selten fehlt,
obwohl so vieles verdörrt
so vieles nicht wächst
so vieles kein Nachkommen mehr
erwarten lässt.
Lebenszyklen haben angehalten.
Im Flirren der heissen Luft
erliegt vieles dem sanften Loslassen
eines zeitlosen Schlafes.
Die Gummischuhe schmelzen auf dem Asphalt
zur Mittagszeit flüchtet wer kann
in schattige Höhlen
und wer nicht kann…
An den fruchtlosen Olivenbäumen
finde ich ihre kleinen Ritterrüstungen
in denen sie geschützt gereift
zu dem geworden sind was sie jetzt ausmacht:
Musik.“
(für Daniel, Vibeke, Traude und Dominique)
The two works „the Cicadas of Nea Styra“ and „Fire near Athens“ are related in terms of content and tell two stories, two aspects of a change. Bothe were shown for the first time in the exhibition „Alles in Allem“ at Atelierfrankfurt in November 2024.
Nea Styra is a town in Greece on the Euboea peninsula. During my stay there, the effects of climate change were very present for me. From a safe distance in Nea Styra I was an eyewitness to the major fire near Athens. As a guest on property with many olive trees, I learned that the trees no longer bore olives this year and previeous years. The reason: the unusual heat caused by climate change. At the same time I found many shells of cicadas on the trees, which could be heard everywhere and always. I collected many of them an d took them with me.
Cicadas leave their shells through their backs, where an opening is formed from which they escape. The let their upper body fall backwards and only later pull their wings behind them in an wave motion. For me they are knoght in the age of climate change, their armor lasts till their transformation begins…
The work is accompanied by the poem of the same name, published in the context of the exhibition:
„THE CICADAS OF NEA STYRA
(Eva Weingärtner)
Their call fills the hot air
a sound thats barely missing,
although so much has dried up
so much doesn´t grow
so many no more descendants
can be expected.
Life cycles have stopped.
In the shimmer of the hot air
many things succumb
to gentle letting go to a timeless sleep.
The rubber shoes melt on the asphalt.
Anyone who can
escapes at noon
into shady caves
and who can´t…
At the fruitless olivetrees
I find their little knights armor
in which they matured in a protected environment
and have become what they are now:
music.“
(for Daniel, Vibeke, Traude und Dominique)